Gedanken zu den geplanten Abzügen US-amerikanischer Truppen aus Rheinland-Pfalz

In diesen späten Junitagen 2020 wird nach entsprechenden Ankündigungen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump lebhaft diskustiert über mögliche Verlegungen größerer US-Einheiten aus Deutschland und damit nicht zuletzt aus Rheinland-Pfalz.

Zweifellos wäre eine Verringerung der hiesigen US-Truppenstärke ein großes sicherheitspolitisches Problem und hätte insbesondere für unser eigenes Bundesland erhebliche negative wirtschaftliche Folgen gerade für einige ländliche, strukturschwache Regionen.

Doch man sollte über diese ja noch keineswegs ausgemachten Schritte nicht nur lamentieren und die Gedankenspiele vor allem als unfreundlichen Akt der Trump-Regierung hinstellen. Nein, hier muss eine grundsätzliche Analyse zur Entwicklung der deutsch-amerikanischen Beziehungen einsetzen. Und so gilt es nach den tieferen Hintergründen für die schon seit Jahren zu beobachtende schleichende Entfremdung zwischen beiden Staaten zu fragen.

Die Hauptursache der unübersehbaren atmosphärischen Verstimmungen liegt im – durchaus wechselseitig vorhandenen – Schwinden des Interesses füreinander und einem alarmierenden Rückgang des Bewusstseins nicht nur fortbestehender gemeinsamer Interessen, sondern auch verbindender historisch-kultureller Prägungen. Nicht minder verhängnisvoll für die Gegenwart und Zukunft der Beziehungen über den „Großen Teich“ hinweg ist die in deutschen Landen grassierende Haltung eines grenzenlosen moralischen Rigorismus einschließlich überheblicher Besserwisserei. Eine sich weltoffen gebende, tatsächlich jedoch erschreckend engstirnige und uninformierte Weltsicht greift um sich und tut alles, um die eigenen Meinungen und Maßstäbe absolut zu setzen und als moralisch alternativlos zu verbreiten.

Doch es gibt immer Alternativen! Im Fall der deutsch-amerikanischen Beziehungen könnten diese Alternativen außerordentlich heilsam und zukunftsfähig sein. Dazu ein paar Stichworte:

Schon im eigenen Land zeugt es von einem massiv verkümmerten Geschichtsbewusstsein, wenn ganz aus der heutigen Perspektive reihenweise Straßen, Plätze und Schulen umbenannt werden sollen und man nicht wahrhaben will, dass andere Zeiten von anderen Einflüssen und Rahmenbedingungen geprägt waren. Wer dagegen im Sinne seines eigenen beschränkten Horizonts eine Tabula-Rasa-Geschichtspolitik betreibt und Akteure wie Paul von Hindenburg, Eduard Spranger, Emil Nolde, Agnes Miegel oder Hans Pfitzner aus den Ortsbildern tilgen will, verkennt die breiten Grauzonen historischen Handelns jenseits linksideologischen Schwarz-Weiß-Denkens.

Erst recht intolerant und anmaßend ist es, anderen Weltregionen und Staaten eine bestimmte Geschichtssicht und Erinnerungskultur vorschreiben zu wollen und radikale „Bilderstürmerei“ sogar noch zu beklatschen. So fallen in diesen Wochen Statuen von Kolumbus, Präsident Jefferson Davis oder General Robert E. Lee auch mit lautstarker politisch-medialer Zustimmung selbsternannter deutscher Bessermenschen in den Staub. Doch die Wirklichkeit war und ist nun einmal facettenreich und bedarf der diffenzierten Diskussion jenseits zeítgeistiger Verengungen und tagespolitischer Hintergedanken.

Die mittlerweile unzähligen arroganten Einmischungen dürften in weiten Teilen der US-Öffentlichkeit ärgerliches Kopfschütteln hervorrufen, und bei den ohnehin immer stärker pazifisch und zunehmend weniger atlantisch orientierten Regierungsstellen in Washington befördert es Reaktionen wie die aktuellen Ankündigungen von Truppenabzügen.

Als AfD-Fraktion wünschen wir uns demgegenüber die Betonung tragfähiger gemeinsamer Werte und Erinnerungen. Dazu ließe sich vieles ausführen, angefangen bei den demokratischen Werten und christlich-abendländischen Wurzeln bis zu tiefen kulturgeschichtlichen Verbindungen. Unsere Fraktion hat dazu im Laufe der Legislaturperiode etliche konkrete Anregungen geliefert:

Schon 2016 verfasste ich eine Pressemitteilung zur alljährlich im September stattfindenden Steubenparade in New York. Darin heißt es am Schluss: Wir sollten an diesem Tag an einige jener Deutschamerikaner denken, die selbst oder deren Kinder in den USA zu Berühmtheiten wurden: das Lederstrumpf-Vorbild Johann Adam Hartmann aus Edenkoben, die Vorfahren von Elvis Presley alias Valentin Pressler aus Hochstadt, die Familie Rockefeller mit der Ursprungsheimat Neuwied, die Chryslers aus Herrnsheim, die Eltern des Ketchup-Königs Henry John Heinz aus Kallstadt oder den in Landau geborenen Karikaturisten Thomas Nast. Letzterer schuf nicht nur die Symbole der beiden großen US-Parteien – also den republikanischen Elefanten und den demokratischen Eysel –, sondern auch das Dollarzeichen und den weltberühmten Santa Claus nach dem Vorbild des pfälzischen Belzenickels.

Ebenfalls bereits frühzeitig habe ich angesichts solcher bedeutenden historischen Verbindungen in Anfragen, im Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur sowie in der Enquete-Kommission Tourismus des Landtags dafür geworben, quer durch die Pfalz und den Hunsrück eine touristische Themenstraße auf den Spuren der Amerikaauswanderung auszuweisen.

Als wertvolle konkrete Beispiele zur Förderung der deutsch-amerikanischen Freundschaft ließen sich auch Projekte der Atlantischen Akademie für die in unserem Großraum lebenden GI-Familien unter dem Titel „Willkommen in Rheinland-Pfalz! – Unsere Nachbarn aus Amerika“ anführen. Oder die letztjährige hervorragend gemachte Ausstellung „Amerikanische Besatzung im Brückenkopf Koblenz 1918-1923“ in Hachenburg.

Auch der alljährlich am 6. Oktober stattfindende Deutsch-Amerikanische Tag sollte als Ankerpunkt im Jahreskalender zur Fundierung des Verhältnisses unbedingt genutzt werden. Er erinnert an jenen Tag im Herbst 1683, als 13 Familien die amerikanische Küste erreichten und mit Germantown in Pennsylvania die erste deutsche Siedlung im „Land der unbegrenzen Möglichkeiten“ gründeten. Unsere rheinland-pfälzische Landespartnerschaft mit South Carolina dümpelt seit Jahren bedauerlicherweise eher dahin, wobei die Ursachen allerdings wohl nur zum geringeren Teil auf der deutschen Seite zu suchen sind.

Es gäbe also viel zu tun, und es muss unbedingt vieles besser gemacht werden! Denn das deutsch-amerikanische Verhältnis ist viel zu wichtig, um es noch länger mit den aktuellen schweren atmosphärischen Störungen zu belasten. Als Sprecher meiner Fraktion für Kultur, Geschichte und Partnerschaften im Ausland möchte ich für die AfD im Geiste gegenseitigen Respekts nach Kräften an der überfälligen Neubelebung unserer Beziehungen mitwirken!